Mittwoch, 16. April 2008

Happy New Year white European!


Auf der Heimfahrt nach Phnom Penh, von Oudong, der alten kambodschanischen Hauptstadt kommend, passierte genau das, worüber im Hotel seit Tagen orakelt wird. Ich muss dazusagen, dass das Geschwätz im Hotel meiner Ansicht nach auf eine tief empfundene innere Langeweile reagiert. 12 Gästezimmer bieten nicht gerade viel Gesprächsstoff, auch wenn sich manche Gäste alle Mühe geben... Das Hotel sehnt sich in der tropischen Hitze geradezu nach einer kurzen Abwechslung, nach einer kleinen Katastrophe, die in Minuten als Anekdote genüsslich durchgekaut werden kann. Freudig wird so auch jeder Gast mit einem interessierten „How was your day?“ empfangen. Und mütterlich, verständnisvoll, zieht das Hotel die Antworten der Gäste in sich hinein und lacht oder seufzt mit oder zeigt demonstrativ Missbilligung, passend zu dem jeweils Berichteten.

Jeder Gast, der während der viertägigen Neujahrsfeierlichkeiten im Hotel verweilte, wurde so auch morgens durch das Hotel mit der Warnung entlassen, sich bloß nicht nassspritzen zu lassen. Es sei üblich in Kambodscha, so wurden wir unterrichtet, Wasser auf seine Mitbürger zu spritzen, die ahnungslos einer bestimmten Tätigkeit nachgehen, und wenn es auch nur die touristische Fahrt mit dem Tuk Tuk durch Stadt ist.

Ich wurde trotz aller Warnungen gleich zweimal getauft. Gestern radelte ich von einem Obststand kommend, mit geschälten frischen Mangos, Papayas und Ananas eine Seitenstraße entlang, als eine ca. 30jährige Mutter mit ihrem Sohn eine vollgefüllten Wassereimer (10 Liter!) über mich ergoss. Beide kreischten auf vor Vergnügen und ich versuchte, dem Gespött auf der Straße beizukommen, in dem ich einfach weiterradelte, als wäre nichts geschehen. Auch wenn mir die Wassermassen aus allen Taschen liefen und ich noch zig Straßenkreuzungen weiter, auf dem trockenen Asphalt, so bald ich hielt, eine Wasserpfütze hinterließ.

Heute kurz vor Phnom Penh, konnte ich meine mitreisende Kollegin immerhin schon warnen, denn ich sah das „Unglück“ auf uns zukommen. Eine Gruppe junger Khmer raste uns mit dem Moped entgegen, sie waren im Gesicht mit einer Kreidemischung angemalt und hatten Wassertüten und einen Schlauch dabei. Unser Tuk Tuk- Fahrer hupte noch einladend und schon landete eine mit Kreide beschmierte Hand in meinem Gesicht, bevor sich eine weitere Wasserladung – diesmal von hinten kommend – über uns ergoss. Der Tuk Tuk-Fahrer grunzte vor Freude und schrie „Happy New Year“ und tuckerte gemütlich weiter, das Geschehene sichtlich genießend. Auch das Hotel zeigte sich später, bei der Ankunft in Phnom Penh amüsiert und ließ sich die Geschichte unseres Ausflugs natürlich ausführlich erzählen.

Morgen ist Khmer Neujahr vorbei. Ich finde, vier Tage reichen völlig…

8 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Hallo Bastian,

spannend zu erleben, wie nah Du mir erscheinst durch Deine Zeilen, ich höre fast Deine Stimme all Deine Erlebnisse berichten.

Ein gutes Einleben mit dem ganzen Wasser und der Kreide!

Herzlich, Holger

yadzia hat gesagt…

happy new khmer year aus berlin, my dear! ich find mit wasser spritzen als ritual ja viel lustiger als hier diese sinnfreie ballerei. ist nur die frage, ob das bei uns bei minusgraden so gut kommt mit dem schnell gefrierenden nass... :-)

aber, sag mal, wieso weht hinter dir eigentlich eine hamburg-flagge im tuk tuk? ist bis phnom penh schon durchgedrungen, dass deutschland die erste schwarz-grüne koalition geschmiedet hat??

kiss from juti!

Bastian Bretthauer hat gesagt…

oh nein yadzia, das ist die Khmer-Flagge, doch du hast Recht, die Türme, das Tor, vergleichbar... aber sonst gibt es hier viel mehr schwarz als grün, politisch gesehen, leider.
gute nacht aus phnom penh!

Bettina hat gesagt…

Hallo Bastian,

ich habe gerade Stefan - der mitten in der Wohnung sein Bike pimmt - von Beginn bis zum heutigen, aktuellen Stand aus Deinem blog vorgelesen...
...es las sich wie in einem Buch!

wir sind begeistert;
Stefan & Bettina

BB3 hat gesagt…

Jan: lassen die auch raketen steigen?

BB3 hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
BB3 hat gesagt…

Jasper: wenn jetzt das jahr der ratten ist, hast du schon eine gesehen?

Bastian Bretthauer hat gesagt…

Lieber Jan, lieber Jasper, kurz zu euren Fragen: Ratten habe ich schon gesehen und zwar ziemlich große!! Und auch in meinem Hotel laufen die Ratten nachts auf der Zimmerdecke entlang, ich höre es immer kratzen. Gottseidank haben sie noch kein Türchen entdeckt, um direkt in mein Zimmer zu kommen. Die Hotelboys haben mir erklärt, dass dieses Kratzen von den Ratten kommt und nicht von den Geckos, die auch im Hotel wohnen. Und ein Raktenfeuerwerk gibt es zu Silverster nur im Königspalast, damit das Volk schön stauen kann. Knutscha aus Phnom Penh!