Montag, 22. Dezember 2008

Merry Christmas and Happy New Year!!!






Meine Kollegen vom Salvation Centre Cambodia staunen wir kleine Kinder. Nachdem zwei buddhistische Mönche meine Freunde Birgit, Katrin und Jens mit einem Gebet und einem Jasmisblütenregen willkommen geheißen haben, startet auch sogleich eine kleine deutsche Weihnachtsfeier. Mit roten Zipfelmützen bei 28 Grad. Wir singen „Oh du fröhliche“ und „Oh Tannenbaum“, bis schließlich alle in das weltweit bekannte „Jingle Bells“ einstimmen. Wir geben das Äußerste und imitieren eine Schlittenfahrt, singen die Strophen fröhlich runter, die Kollegen den Refrain. Hoch und runter schaukeln wir, dass die Zipfelmützen nur so fliegen. So viel Freude hätten meine kambodschanischen Kollegen den Deutschen gar nicht zugetraut. Und die Schokolade aus Deutschland, die wir dann verteilt haben, kam gar nicht dazu, langsam vor sich hin zu schmelzen…
Freude, meine Lieben, Gesundheit, besinnliche Stunden oder Ausgelassenheit, Gesundheit und Zufriedenheit, sollen euch die Feiertage in Deutschland, Schweden, Indonesien, Nepal und Uganda oder wo auch immer ihr seid bringen. Danke für eure Aufmerksamkeit für meine Erlebnisse in Kambodscha, ich werde auch im nächsten Jahr weiterschreiben. Das ist gewiss. Bis dahin 1000 Tropenküsse und Kokosnüsse aus Kambodscha.
Merry Christmas and Happy New Year!
Euer Bastian

Samstag, 29. November 2008

Phnom Penh dreht!











Ist es ein Film? Oder ist es Wirklichkeit?
Die Villa strahlt in der Nacht. Ein Krüppel ohne Beine sitzt draußen vor der Treppe. Er besteht nur aus Rumpf und Kopf und guckt einen an. Schaut steil hoch. Seine Augen sind so groß, damit niemand rauftritt. So klein, wie er ist. So viele Leute, die heute hier sind. Detlev Buck dreht in Phnom Penh. Einen Liebesfilm. Genaueres weiß ich nicht. Ich bin nur Komparse. Und 200 andere auch. Tonnen von Kambodschanerinnen, geschminkt und irre jung. Dutzende von Expats. Die sind auch gekommen. Komparsen wie ich. Männer, die in den Nachtclubs der Stadt tanzen und auf Asiatinnen stehen. Frauen, die aus den Provinzen kommen und in Phnom Penh ein neues Leben suchen und das heißt, einen Mann. Ich glaube, diesmal muss Buck seine Komparsen nicht bitten, in eine Rolle zu schlüpfen. Wir sind wie immer, wir sind ohne Rolle da.
Die Villa, in der heute Nacht ein Club ist, ist schon lange leer. Sie hat ein französisches Gesicht. Bevor Pol Pot an die Macht kam, muss es ihren Bewohner hier gut gegangen sein. Sie wurden dann ermordetet. Lange ist keiner mehr eingezogen. Die Zeit der Villen war vorbei. Katzen streuten, Hunde, Krüppel und Bettler, die wie Flechten die Wiederbesiedlung von alten Steinen anzeigen. Eine Bewohnbarmachung des Unorts. Vor drei Wochen war ich schon einmal drin, weil‘s auch in Phnom Penh die Idee gibt, Orte noch einmal zugänglich zu machen, bevor sie sich verändern und die Vergangenheit verschwindet. Denn das alte Haus mit den Fensterhöhlen und Balkonbrüstungen, auf denen kleine Bäume wachsen, erwacht. Mitten in Phnom Penh wird sich die letzte Ruine des alten französischen Viertels in ein 4 Sterne Hotel verwandeln. Im nächsten Jahr schon. Die Villa ist verkauft.
Detlef Buck dreht in der Villa in Phnom Penh. Ich sitze an der Bar und soll mich unterhalten. Neben mir ein Komparse wie ich, Franzose, aus Paris, seit drei Monaten hier. Wir quatschen, wie man quatscht, wenn man quatschen muss, wenn die Kamera läuft. Kambodscha ist schrecklich, sagt Fabián. In seinem letzten Job wurde er nicht bezahlt. So macht er beim Film mit. Er redet auch mit einem anderen Franzosen, der so viel Dreck unter den Fingernägeln hat, dass er hier auch gut den Hauptdarsteller abgeben könnte. Buck‘s Film spielt im Backbacker Milieu. Ein Mann liebt eine Frau. Die Frau ist HIV positiv. Sie lernen sich am See kennen, der gerade zugeschüttet wird. Die Guesthouses an seinem Ufer sind alt und riechen muffig. Man kann dort für 5 Dollar schlafen, für 10 $ ein Kind kaufen und für 100 $ eine Frau ein Leben lang. Das ist die Wirklichkeit, in der dieser Film spielt. Es gibt am See so viele Kröten wie Plastiktüten, die im Wasser treiben. Der See ist ein Klosett. An seinem Ufer kann niemand gesund bleiben. Unsere Szene wird dreimal gespielt. Nicht, dass Wir uns verquatscht hätten. Nein, direkt vor der Kamera bestellen zwei Hauptdarsteller ein Bier und zahlen mit einem 10 Dollar Schein, der vom Barkeeper nicht lange genug auf seine Echtheit geprüft wird. Findet die Regie. Also nochmal, Klappe die zweite, die dritte. Auch der Hintergrund muss stimmen. Wir zappeln im Takt. Die Musik dröhnt. Mittlerweile haben die beiden Hauptdarsteller ihre Girls gefunden und toben auf der Tanzfläche. Dann Lunchpause. Ich gehe raus, am Krüppel vorbei. Der guckt noch immer. Ich rauche eine Zigarette mit einer Frau, die hier die Maske macht. Barbara. Sie ist ganz glücklich, dass ich auch deutsch kann und erzählt mir von ihrer buddhistischen Waschung im Wat. Phnom Penh ist laut findet sie.
In der nächsten Szene müssen wir tanzen. Die Girls und die Männer heizen ein. Lichtspots jagen durch den Saal. Das Kamerateam kriecht wie eine große Schnecke durch den Dreck. San reicht mir bis zum Bauchnabel. So’ne kleine Frau. Sie lacht die ganze Zeit, weicht aber meinem Blick ständig aus, obwohl sie ihn sucht. Ich tanze näher an sie heran, wir heben die Arme und stampfen mit den Beinen. Ein 5 Minuten Track. Ein 40er jähriger Mann neben uns steckt seine Zunge in eine Frau, die sich wie eine Schlange in seinen Armen windet. Sie sehen aus wie ein richtiges Paar. Können Komparsen für 40$ die Nacht so lange knutschen? 40$ kriegen die Expats, die Kambodschaner nur 10. San hat einen Sohn, sagt sie. Er ist schon 18. Sie arbeitet in einem Friseurladen, und sie braucht Geld. Sie ist geschieden, seit 4 Monaten schon. Es war wohl schrecklich. Ich verstehe nur die Hälfte. Ihr Englisch ist bescheiden. Sie kennt nur Worte, auf die es ankommt. Im Film. Im Leben. „Do you have girlfriend?“. „Do you live alone?“ „Do you have good job?“.
Meine nächste Zigarette rauche ich mit einem dicken Amerikaner, der 50 ist. Die Zigaretten hat diesmal Buck spendiert. Irgendjemand von der Produktion findet, im Club wird zu wenig gepafft. Also rauchen wir jetzt Filmzigaretten. Der Ami hat einen Knall, finde ich. Er tanzt, obwohl gerade Pause ist. So auf-immer-lustig. Sein Girlfriend ruft ständig an. Sie können aber nicht reden. Sagt er, und lacht. Er kann kein Khmer und sie kein Englisch. Er sext die Kambodschanerinnen an und die erfahrenen von ihnen sexen zurück. Mein Gott, ist das anstrengend. Ich will hier weg. Doch der Ami quatscht auf mich ein. Seit 4 Jahren ist er hier. Er wollte den Kambodschanern eigentlich die Welt erklären, denn er kenne sich aus in Grundlagenforschung. Wie die Erde entstanden ist. Warum es Fische im Wasser gibt und wieso die Sterne nachts leuchten. Doch die Menschen hier wollen ihn nicht verstehen. Jetzt ist er Englischlehrer. Und verzweifelt im Glück.
Gegen Mitternacht ist Lunchpause. Ich gehe raus. Der Krüppel isst. Er guckt nur auf den Teller. Ach, ich hau jetzt mal ab. Neben meinem Rad essen 4 Kambodschanerinnen auf ihren Mopeds. Sie machen mir Platz und kichern. „Do you had Dinner Sir?“ Ja, sage ich. Was nicht stimmt. Es sind vier Schwestern. Tief ist der Ausschnitt und dick das Make up. Obwohl keine von ihnen älter als 25 ist. „Are you Moviestar?“ fragen sie. Ich lache. Ne, ne. Nur müde. Sage ich. „And you?“ Sehr müde, sagen sie. Aber sie brauchen das Geld. „Good luck!“ sage ich. „Good luck Sir!“

Der neue Detlef Buck Film heißt „Same, same, but different!“ Das ist ein Arbeitstitel. Ich finde ihn blöde. Doch er passt.
Ab November 2009 im Kino, auf dem Filmfestival in Venedig, dann in Deutschland und in Phnom Penh. Hingehen!

Sonntag, 23. November 2008

Das bittere Ende der Hochzeitstorte











Ich kam viel zu früh. Im LUCKY BRIGHT RESTAURANT starten mich die Servicekräfte hilflos an, die Hochzeitsrezeption war verweist, genauso wie die in doppelter Reihe gestellten Stühle an den beiden Seiten des roten Teppichs. „Wir geben uns die Ehre, Sie zur Hochzeit unserer Kinder Rythi Lan and Li Sangun um 4.30pm einzuladen.“ Die glücklichen Eltern des Brautpaares, vier an der Zahl, vier prunkvolle Unterschriften, doch um 4.30pm ist erst einer da: Nämlich Ich!
Ich falte die barock gestaltete Einladungskarte wieder zusammen, sms meinem Freund Kim die Nachricht, dass ich völlig allein im Hochzeitsrestaurant stehe, WEIT UND BREIT KEINE HOCHZEITSGESELLSCHAFT, und mich ganz ohne Gesellschaft fühle. „Habe ich dir doch gesagt, spottet er 10 Minuten später, dass du da frühestens um 5.30 h hingehen musst!“, und zieht mit seinem großen Wagen über den Norodom-Boulevard. Ich sehe im Rückspiegel den Bräutigam stehen. Er schaut mir ungläubig hinterher. Ich meine fast, die Gedanken meines Kollegen lesen zu können. „Wird Bastian wiederkommen?“ Dabei rief ich ihm doch noch zu, als ich den Bräutigam kurz vor dem Eintreffen Kims, das erste Mal zu sehen bekam: Kjnom mork wing morpei niitie! (Ich komme in 20 min wieder). Natürlich war das eine Lüge, denn ich hatte längst beschlossen, dem Rat Kims zu folgen, und mich gnadenlos um eine Stunde zu verspäten, mindestens!
Tatsächlich hat sich die Szene gut eine Stunde später vollständig gewandelt. Zahllose Autos fahren vor, Türen springen auf, rosa, blau, grün oder golden gekleidete Frauen schweben samt Anhang über den roten Teppich, dem drapierten Brautpaar entgegen und am selbigen vorbei. Sie werden strahlend begrüßt, von der Braut mit kleinen süßen Früchten beschenkt und halten Einzug ins dreistöckige Restaurant. Blitzlichtgewitter. Gruppen posieren. Auch ich schreite zielstrebig dem Brautpaar entgegen, mit einem freudigen Grinsen im Gesicht, als hätte ich beide an diesem Tag zum ersten Mal gesehen. Nachdem festlichen Auftakt führen mich Angestellte in den ersten Stock und leiten mich an einen großen Tisch, an dem noch ein Platz frei ist. OH NEIN, DAS KANN DOCH JETZT NICHT WAHR SEIN. Hier kenne ich niemanden. WO SIND MEINE KOLLEGEN? Und schon nehme ich Platz zwischen 4 kambodschanischen Männern, die aus irgendwelchen Gründen auch allein gekommen sind und den Eindruck machen, sie würden an einem Schweige Retreat teilnehmen und zwei französischen Paaren, die, wie ich nach wenigen Sekunden feststellen musste, kein Englisch und schon gar kein Khmer sprechen können. Ich grüße umständlich und warte, was passiert. Leider nichts! Die vier Kambodschaner starren vor sich hin schon ganz innerlich, die Franzosen unterhalten sich, wie sich Paare unterhalten, die sich auf einmal wieder was zu sagen haben. Die Band vor uns auf der Bühne spielt Lieder, die ganz traurig klingen und ich schreibe SMS. An meine Kollegen: WO SEID IHR? An Kim: ES WIRD LEIDER NICHT BESSER! An meine Mutter: BIN GERADE AUF EINER KAMBODSCHANISCHEN HOCHZEITSFREIER…bis mir mein Nachbar ungefragt Angkor Bier einschenkt. Und Johnnie Walker. Tödliche Mischung! Wir stoßen an. Für Sekunden lächeln, dann glucksen. Genau, einfach mal ein bisschen volllaufen lassen, denke ich mir. Die Stimmung kann nur besser werden. Eine Stunde später ist die Stimmung gekippt.
Der Tisch dreht sich, wie ich erfreut feststelle, es ist ein Drehtisch. Mir dreht sich’s auch schon. Die Gläser klirren. Das Essen wandert nur so herum. Die Kellner schenken Angkor-Bier ein, die Jungs den Johnnie Walker. Sogar den Franzosen wird jetzt warm.
Ich hebe mein Johnnie-Bier-Walker-Glas, um zu trinken und alle unterbrechen das Essen und tosten mir zu! CHEERS!!!! Und so tosten wir uns ins Delirium. Ach so, Regel Nummer eins: Trinkt einer, müssen alle mittrinken. Auch schön! Ich merke, dass die Franzosen nach einer Stunde schlapp machen und heimlich Wasser nachgießen, aber das entgeht den Khmers nicht und dann gibt’s halt den Johnnie mit Wasser. Selbst schuld! Regel Nummer zwei: Wieso gucken die denn so blöde am Nachbartisch? Ach ja, da ist ja noch ein Platz frei und die kriegen nichts zu essen. Gegessen wird erst, wenn all da sind? Genau. Na dann einfach schon mal mit dem Johnnie anfangen, toste ich frech rüber… Und versuche mich weiterhin an der Aussprache eines der am schwierigsten zu betonenden Khmerworte “Tschhnanj?“ (Schmeckt‘s?“) Mein Nachbar grunzt genüsslich: „Tschnanj!“
Gegen 20.00 h bin ich betrunken – nach zweieinhalb Stunden – und treffe plötzlich einen Kollegen, was mich daran erinnert, dass ich eigentlich die ganze Zeit auf meine Kollegen gewartet habe… „Wo seid ihr denn?“ „Khan löe?“ (Oben?), Ach, hat‘s hier noch eine Etage?
Ich reiße mich schwankend von meinem lustigen Drehtisch los, von dem ich überschwänglich verabschiedet werde. Na, da ist ja doch noch richtig Kontakt entstanden. Johnnie sei Dank!
Im dritten Stock angekommen bietet sich mir ein prächtiger Blick auf die triumphale Hochzeitstorte, hinter der sich die völlig erschöpften Brauteltern und das Brautpaar aufgestellt haben. Meine Kollegen sitzen an einem Tisch und kreischen auf, als sie mich sehen. Tami und Morokat glitzern in pink-violett farbenden Kostümen, als wären sie zu ihrer eigenen Hochzeit gekommen. Und die Jungs ziehen mich sofort auf die Tanzfläche. Papiergirlanden jagen über den Tanzboden und die Hochzeitstorte wird mit Chemiefarben bespritzt. Das Brautpaar hat sich schon wieder umgezogen und tanzt nun dreimal um die Torte, die an diesem Abend nicht gegessen wird. Die Brauteltern segnen das Paar. Soksobei. Saisobok. Oh ja, das kann man den beiden NUR wünschen. In Kambodscha wird man oft auf Geheiß der Eltern VERHEIRATET! Die Hochzeit ist eine ökonomische Angelegenheit. Da ruiniert man sich gern zu Tode. Wenigstens die Feier muss stimmen. Niemand soll enttäuscht werden. Glück heißt in Kambodscha, gut versorgt zu werden! Heute stemmen die Brauteltern das Fest. Und ab morgen das Brautpaar den Rest seines Lebens!


Montag, 3. November 2008

Mein singendes, klingendes Helmchen






Sie macht alles falsch! Von einer Seitenstraße schiebt sich ein dicker Jeep der Marke Cherokee Chrysler auf den Norodom, Phnom Penhs schönstem und auch verkehrsreichsten 6-spurigen Boulevard. 100.000 US $ teuer, ein chromblitzendes Goldgewitter. In Phnom Penh verdient ein Kambodschaner im Durchschnitt 70,-US $ - im Monat! Das Ich-bin-reich-macht-mir-Platz-Allradmonster rollt einige Meter an den Rand des Boulevards, auf dem sich hunderte Fahrzeuge, Tuk-Tuks, Modeds, Geländewagen, Holzpritschen, Cyclos und ein Fahrrad drängeln, nämlich meins! Und bleibt stehen. Und zögert und traut sich nicht. Ich schaue neugierig ins Auto. Gibt’s denn sowas? Eine schicke weiße NGO-Lady sitzt am Steuer und traut sich einfach nicht, weiterzufahren. Die hat doch sicher 300 PS unterm Hintern, denke ich mir. Was hat sie denn? Ah, sie ist vielleicht neu hier. Genau, sie hat gestern bestimmt bei der UNICEF angefangen oder vorgestern und nun muss sie das erste Mal mit dem Dienstwagen nach Hause und bleibt vor Schreck erst einmal stehen. Und haben mir nicht gerade meine letzten Besucher aus BERLIN berichtet, dass der eigentliche Kulturschock hier in Phnom Penh darin bestünde, mit dem chaotischen Verkehr zu Recht zu kommen? Dass sie es geradezu lebensbedrohlich fanden, die Straßen zu überqueren. Dabei ist es eigentlich ganz einfach! Der Verkehr in Kambodscha, den Ausländer gerne als Chaos beschreiben, selbst solche, die gerade aus Bangkok einreisen, repräsentiert die Kultur dieses Landes, ihre Werte und Ordnungen, wie kaum ein anderes System der Gesellschaft. Und wenn man das begriffen hat und seine darin enthaltende Rolle angenommen hat, dann kann man hier auch fahren. Auf los geht’s los!

Ich kam im April nach Phnom Penh und kaufte mir am zweiten Tag mein erstes Fahrrad in der Nähe des Phsar Orrusey (Orrusey Markt), einem Betonungetüm, das aus einem Labyrinth von Waren, die niemand kauft und Menschen, die nicht wissen, wohin sie wollen, zu bestehen scheint. Ich saß damals drei Minuten auf dem Rad, bevor meine Stimmung : Ich-bin-jetzt-glücklich-bei-euch-zu-sein!“ umkippte in eine „Ich-habe-mich-verfahren-und
-weiß-vor-Angst-nicht-mal-mehr-wie-mein-Hotel-heißt-Apokalypse“. Ich sprach kein Wort Kambodschanisch, in meinem Ohr dröhnten tausend Motoren und ich schwamm nicht nur in meinem Scheiß sondern auch in dem Verkehrsstrom Richtung stadtauswärts, wie ich später zu meinem Entsetzen feststellen musste. Tatsächlich, als sich der Verkehr, was für ein Anflug von Hoffnung, lichtete, da war ich 10 km weit weg von meinem Hotel. Ich rettete mich dann auf eine der wenigen Grünanlagen und rauchte eine Zigarette, träumte von Hinweisschildern such as „Centre“ oder „Hier-geht’s-zur-Innenstadt“, die es in Phnom Penh nicht gibt, genauso wenig wie Straßenschilder! Ein Kambodschaner sprach mich an, sogar in Englisch. Wir pafften gemeinsam und er erklärte mir den Weg. Auf Kambodschanisch natürlich. Lachend und unpräzise!

Gegen Abend erreichte ich mein Hotel und sprang sofort aus naheliegenden Gründen in den Pool. Greg, der Hotelchef musterte unterdessen mein rotes Rad und setzte sich dann schmunzelnd an den Poolrand.

„Weißt du eigentlich, was du dir gekauft hast?“ fragte er mich. „Ja klar, ein rotes Fahrrad aus China, mit dem ich mich schon mal gehörig verfahren habe“, entgegnete ich lakonisch, und tauchte für längere Zeit unter. Mir war irgendwie klar, dass mich eine pädagogische Unterrichtseinheit erwartete, auf die ich partout keine Lust hatte. Als ich wieder die Wasseroberfläche erreichte, begann der australische Hotelier dann auch amüsiert zu dozieren, dass ich mir heute einen äußerst lebensgefährlichen Platz in der kambodschanischen Verkehrshierarchie ergattert hätte. Und zwar GANZ UNTEN!!!

„Also ganz unten, da sind die Hühner!“ sagt er „Und dann kommen die Katzen“ (Ich habe hier noch nie eine gesehen – alle schon überfahren oder was????) „Und dann gibt es erst einmal nichts und dann kommen die Hunde!“ „Okay“, reagiere ich genervt, „Nun sag schon, jetzt kommt der gemeine Fahrradfahrer, oder?“ „Nein, Moment, erst kommen die Fußgänger, quasi vor den Fahrradfahrern. Deswegen gibt es hier auch kaum Fußgänger!“ Stimmt, denke ich, bis auf den Leuten vor den Geschäften und dem Typen in der Grünanlage, habe ich auch wirklich keine Fußgänger wahrgenommen. „Genau, und dann kommen die Fahrradfahrer Bastian! Und dass sind nur Ausländer. Oder hast du heute einen Kambodschaner auf dem Rad gesehen?“ „Nein, habe ich nicht, doch ehrlich gesagt, hatte ich heute eh andere Sorgen!“ „Ja und zwischen Cyclofahrern und Radfahrern, da wird hier nicht so unterschieden. Sie teilen beide das gleiche Schicksal. Sie werden im Verkehr einfach nicht wahrgenommen!“ „Mit der Folge, dass man einfach weiterfährt, sie überfährt?“ frage ich verdutzt. Greg lacht. Und ich tauche mal wieder unter. War der Fahrradkauf vielleicht mein erster Fehler in diesem Land? „Und dann gibt es wieder einen kulturellen Abstand in der Hierarchie, denn die Mopeds und Tuk Tuks haben ja immerhin einen Motor.“ Sagt Greg und ich zähle in Gedanken, an wie vielen Tuk Tuks und Mopeds ich heute im Stau schon mal vorbeigezogen bin. „Ja, und dann kommen die Autos, wobei da natürlich auch unterschieden wird. Alte sind weniger wert als neue, kleine viel weniger als große und die ganze großen, die haben immer Vorfahrt, egal wie klein die Ausfahrt ist, aus der sie gerade kommen, oder die Nebenstraße. Der Verkehr auf der Hauptstraße muss ausweichen. Es sei denn, es kommt ein LKW oder sogar ein Bus. Die haben keine Bremsen und kennen nur das Gaspedal!“ Oh, wo ist eigentlich mein LKW-Führerschein …schrumm, schrumm, schrumm??? Okay, Greg hat mir mal die Welt erklärt und wünscht mir gute Fahrt, bevor er davon schlürft.

7 Monate später weiß ich Bescheid! Die NGO-Lady im dicken Van auf dem Norodom verursacht gerade ein Verkehrschaos, weil sie, kulturell hier hoch gestellt (Ich habe IN DIESEM WAGEN IMMER VORFAHRT , sich so verhält, als müsste sie wirklich von einer kleinen verschissenen Nebenstraße kommend, dem Verkehr auf dem 6spurigen Boulevard Beachtung schenken, was ja in der westlichen Welt eigentlich normal wäre. Sie steht politisch korrekt im Chaos einer Welt, das sie sogar verursacht hat. Was für ein Gleichnis!

Jetzt, 7 Monate später, träume ich davon, zu der Lady zu radeln und ihr zu erklären, dass sie gottverdammt einfach mal fahren soll, egal, was da auf der Hauptstraße los ist. Einfach die Fenster runter kurbeln und rein schreien: GO, GO, GO!!!!

Mittlerweile hat sie die Mitte des Boulevards erreicht, und um sie herum kriecht dampfend und dröhnend der Verkehr wie eine riesige, hungrige Schlange. Ach, soll sie mal sehen, wie sie weiterkommt, denke ich mir. Und ist doch klar, denke ich mir, dass Leute in solchen Autos keinen Schimmer von der Kultur haben, nix mitkriegen quasi in ihrem Aircondition-Gefährt. Da schlägt die Kühlung schon aufs Gemüt! Ja, da kann man schlecht behaupten, man habe Kambodscha erlebt, wenn man nur im Ledersessel kleben bleibt! Anders dagegen die Kambodschaner, die hier mit fetten Mercedes-S-Klassen oder im obzönen HUMMER rummbrettern. Die kennen sich im Land bestens aus und haben im Armenhaus Asiens das große Geld gemacht.

7 Monate später macht mir der Verkehr Spaß. Vielleicht ist es mein Abenteuersinn, meine Lust auf Herausforderungen, vielleicht auch die Musik in meinen Ohren, denn nach zwei Monaten fahre ich mit einem schicken Helm aus Ho Chi Min-City auf meinem chinesischen Mountainbike und höre meinen I-touch trällern. Ich habe ein singendes, klingendes Helmchen! Völlig lebensgefährlich – ich weiß. Aber es ist cool. Es gibt hier keine Helmpflicht, anders, als in Vietnam und man muss ich im Auto auch nicht anschnallen.

Es ist wie Auto Scooter auf dem Rummel, nur ohne Eintrittspreis. Und es macht Spaß. Denn natürlich haben die Kambodschaner auch keinen Bock auf Unfall. Und natürlich gibt es hier auch zahlreiche Regeln. Nur muss man diese kennen. Die wichtigste ist SELBSTBEWUSSTSEIN. Das heißt nicht mit dem Schwanz zu fahren – ihr kennt ja diesen blöden Spruch aus Deutschland, wenn mal wieder betrunkene Halbstarke über die Straße brettern. Sondern mit einem Lächeln im Gesicht Gas geben. Das geht immer. Und bremsen und Gas geben. Wenn man wer ist, wird man auch wahrgenommen. Und alles geht langsam. Langsam! Fahren ist oft schieben, bummeln… 50km fährt hier niemand, vielleicht 20, 10. Schritttempo. Da bin ich mit dem Rad oft schneller. Klar, ich bin hier als Ausländer erkennbar nicht der letzte Arsch in der Verkehrshierarchie. Die Hunde kläffen schon ganz neidisch! Ich schlängele mich nur durch. Und seit dem vor zwei Monaten in der Phnom Penh Post stand, dass aufgrund der steigenden Benzinpreise (zur Zeit 1.45 US$) immer mehr Kambodschaner aufs Rad umsteigen, radele ich auch nicht mehr allein. Auffallend ist auch, dass sich die im Verkehr beteiligten Kambodschaner einen Scheiß um den Verkehr hinter sich kümmern. Das muss man akzeptieren, wenn mal wieder einer von ganz links nach rechts rüber zieht und man aus Versehen (oder weil das Liedchen gerade wieder so lustig war) nicht mitbekommen hat, dass dieser seinen Kopf entsprechend der Richtungsänderung bewegt hat. Denn blinken? Nö, Fehlanzeige! Wieso auch. Rückspiegel? Gibt’s nicht! Hat vielleicht mit dem Zeitkonzept in Asien zu tun. Immer nur im Augenblick sein. Gestern? Was ist das? Morgen? Ja, ja… reden wir dann morgen drüber. Hier und Jetzt. Och, da kann man sich als Europäer viele Therapiestunden schenken. Einfach mehr herkommen und radfahren, statt ewig in der Vergangenheit rumwühlen, sage ich nur. Ganz im Augenblick sein und sich wohlfühlen und nen bisschen aufpassen. Und wenn man mal runter muss vom Boulevard, dann kann man schon zwei Kilometer vorher anfangen, die Fahrbannseite zu wechseln. Ja, genau, ich weiß, was ihr gerade denkt: GEISTERFAHRER! Genau. Die gibt es hier überall. Und dass muss man dann auch akzeptieren, dass auf einer zweispurigen Straße, manchmal Fahrzeuge in 4 Verkehrsrichtungen unterwegs sind. Und manchmal wird gebremst, weil auf der Straße ein Imbisswagen steht und jemand hungrig ist. Essen hat in Kambodscha immer Vorfahrt! Eigentlich ist das alles hier ganz menschlich! Menschlich, ungerecht und zerbrechlich. Gut, die Unfallstatistik recherchiere ich morgen…. Morgen….

Samstag, 18. Oktober 2008

Landminen für Preah Vihear?


Das Board Meeting in der NGO sollte eigentlich schon längst angefangen haben. Der Direktor schlendert aufgeregt im Hof herum. Auf der Straße rollte ein Händlerwagen vorbei. Aus dem kleinen Lautsprecher schallt laut „MOAN“, „MOAN“ (Eier, Eier). Es hört sich an als würde ein kranker Kater mautzen. Nicht gerade appetitanregend. Wie auch die Eier selbst, die aufgeplatzt sind und aus denen das gekochte Eigelb grinst, wie der kleine Stoffzipfel aus den Drei Haselnüssen von Aschenbrödel. Es ist halb eins. Lunchzeit. Und in Kambodscha brütet die Sonne vor sich hin. Auf dem langen Konferenztisch langweilen sich kleine Wasserflaschen und irgendwo bleibt eine Uhr stehen. Ich vertreibe mir die Zeit wartend auf dem riesigen Balkon im ersten Stock.

„Hast du schon gehört, dass uns gestern Nacht die Thais angegriffen haben? Retiü, der Abteilungsleiter Finanzen, kommt langsam auf mich zu. „Ja! Habe ich gehört!“ „Oh, das ist schlimm. Sie wollen uns den Tempel Preah Vihear wegnehmen.“ Ja, die Thais, denke ich, und die Kambodschaner. Und schaue ihn fragend an.

„Sie haben zwei kambodschanische Soldaten erschossen und sind tief in unser Land eingedrungen. Es ist wieder Krieg.“

Ich schaue auf den Nachbarhof. Eine Gruppe Kambodschaner vertreibt sich die Lunchzeit, in dem sie zwei Kampfhähne aufeinander loslässt. Federn fliegen. Männer lachen. Hähne kämpfen. „Thailand will unseren Tempel. Und sie geben nicht eher Frieden, bevor sie ihn bekommen haben.“ Und die Kambodschaner schießen zurück, denke ich. „Ich bin im Krieg großgeworden. Krieg ist fruchtbar. Ich kenne das!“ Retiü, 1973 geboren, hat fast zwanzig Jahre Krieg, Genozid, Bürgerkrieg überlebt. Seit knapp 10 Jahren ist Frieden in Kambodscha. „Ja“, entgegne ich. „Es ist schlimm, doch Kambodscha hat die ganze Welt auf seiner Seite. Und das ist gut“. Und tatsächlich, der Hindutempel der Khmer aus dem 10. bis 12. Jahrhundert, wurde bereits in den 60er Jahren durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag Kambodscha zuerkannt. Und im erst Juni war es, dass die UNESCO den ungewöhnlichen Tempel in die Liste des Weltkulturerbe aufgenommen hat, als kambodschanisches Bauwerk. Damals loderte mein Handy ob der zahlreichen SMS meiner kambodschanischen Bekannten. Ob Immobilienmakler, Freunde aus meinem Hotel, Kollegen, Khmerlehrerin, Hauskeeper und Nachtvögel aus Phnom Penh, alle simsten „The Thai lost their face!" Kambodscha war im Freudentaumel und Funken des Triumphs glühten in der nationalen Seele. Ich war gerade auf dem Weg nach Bangkok und wunderte mich in dieser Metropole nur, dass meine Bekannten dort, überhaupt nichts von der Angelegenheit wussten.

„Ja, aber die Welt hilft uns nicht. Hat sie noch nie gemacht. Und gegen die Thais können wir uns nur allein helfen.“ Unten auf dem Hof rollt eine weiße Limousine vor. Ein schicker Mann steigt aus und telefoniert. Der Fahrer bleibt im Wagen. „Ah, Board Member eins erscheint“, denke ich. Morokat kommt auf die Terrasse. Sie hat sich umgezogen und trägt eine weiße Bluse. Sie hat immer weiße Kleider an, wenn Gäste kommen, hat sie mir mal erzählt. Als Programmleiterin ist sie meine engste Kollegin und ich schätze sie ungeheuer. Auch sie hat alles durch.

Von Pol Pot ermordete Familienangehörige, eine tyrannische französische Familie, für die sie schon mit 10 Jahren arbeiten musste, bevor sich irgendjemand fand, der ihr ein Studium finanzierte. Jetzt sitzen wir jeden Tag zusammen und brüten darüber, wie wir die Arbeit der NGO verbessern können. Morokat ist ein Licht, ist Hoffnung und Kraft. Ich kann mir gar nicht genug ausdenken, ihre Qualitäten zu beschreiben. „Bastian, weißt du schon, dass der Direktor überlegt, unseren Workshop Ende des Monats zu verschieben?“ fragt sie mich. „Nein, wieso?“ Ehrlich gesagt fände ich das nur gut, wenn wir diesen Workshop verschieben könnten. Ich muss ihn leiten und sehe schon wieder Wochenendarbeiten auf uns zukommen, denn an eine Vorbereitungszeit hat keiner gedacht. „Die Transportkosten haben sich vervierfacht. Wir können die Reise unserer Kollegen aus Battambang und Siem Reap nicht bezahlen. Wegen Preah Vihear.“ Ich verstehe das nicht. „Ja, die Menschen aus der Tempelprovinz flüchten und haben alle Transportfahrzeuge geordert. Es herrscht jetzt Mangel an Benzin, an Fahrern, Fahrzeugen.“ Das hätte ich nicht gedacht. „Die Thais geben nicht Ruhe. Die Thais wollen Krieg!“ Morokat ist sonst an buddhistischem Umgang mit Konflikten nicht zu übertreffen. Saßen wir vor doch vor 4 Wochen an einem Samstag an einer Excel-Tabelle, in die wir mühsam 1000 Daten ein gepflegt hatten, bis sie eine dieser verrückten Excel-Formeln in Gang setze, die in Sekunden die Daten in kryptische Zeichen verwandelte. Ich war kurz davor aufzuschreien. DAS KANN JA WOHL NICHT WAHR SEIN! Atmete aber lieber tief durch und fragte scheinheilig, ob sie bitte die alten Daten wieder hervorzaubern könne. Was nicht klappte und dazu führte, dass wir, nebeneinander sitzend, minutenland schweigend in den Computer starten, eben auf die xyz-2fd Kürzel, die ich mit ungeheurem Hass betrachtete und sie plötzlich anfing, eine buddhistische Geschichte vorzulesen. Eine Geschichte von zwei Königen, die sich über den Grenzverlauf stritten, da über Nacht der Grenzfluss, an denen sich alle gewöhnt hatten, ausgetrocknet war. Eine Geschichte, deren Pointe etwa die war, dass diese beiden Reiche nur scheinbar existieren, wie alles nur Illusion ist, was uns umgibt und die Wahrheit dahinter liegt. Der Frieden. Das es nicht wert ist, ärgerlich zu werden, schlechtes Karma zu sammeln im Kampf um irdische Dinge. Sondern das wir meditierend üben sollten, loszulassen, was die beiden Könige dann auch irgendwann verstanden hatten und ich selbst auch. Loslassen, ausgetrocknete Flüsse, Königreiche und Excel-Tabellen. Und dann ganz ruhig anfing, eine neue Excel-Tabelle anzulegen.

Auch das ist Kambodscha.

„Unsere Arme hat angefangen, Landminen zu legen, um die Grenze gegen die Thais zu sichern!“ Morakat schaut mich an. Unten im Hof fährt eine zweite Limousine vor und dann eine dritte. Die Herrschaften trudeln ein. „Weißt du eigentlich, wie viele Kambodschaner schon auf kambodschanische Landminen getreten sind? frage ich sie. „Ja, aber wie können wir uns anders helfen, die Thais waren schon immer stärker.“ „Das mag sein, aber Landminen halten länger durch als Streithähne und am Ende tritt immer jemand drauf! “ Retiü und Morokat schauen mich an. Sie sind nicht böse, sie verstehen mich nur nicht. Das Meeting beginnt. Die Tagesordnung wird vorgelesen. Morokat berichtet über das letzte Jahr, der Direktor erzählt, dass wir neue Mopeds bekommen werden. Die Board Member essen Hähnchen Keulen und Weintrauben. Diese teuren Früchte gibt es in der NGO nur einmal im Jahr. Am Ende des Meetings fängt ein neues an. Es ist alles in kambodschanisch. Es ist sehr ernst. Ich versteh nur wenig. Doch es geht um den Tempel. Es geht um Preah Vihear. Er ragt auf seinem Kliff wie ein giftiger Sporn in einer langen, blutigen Geschichte. Die Gemüter sind erregt. Alles essen. Alle reden. Nur der gelbe Mönch schweigt.

Sonntag, 12. Oktober 2008

Phnom Penh Party








Der Kulturtheoretiker Theodor W. Adorno hat mit Blick auf seine Erfahrungen in den USA vor 60 Jahren gesagt, die Kultur des Kapitalismus würde alles mit Ähnlichkeit erschlagen. Das gilt besonders für den Spätkapitalismus, wobei das Wort „Spät“ heute ja einen ganzen anderen Sound hat. Die alternativen sozialistischen Gesellschaftsysteme hatten weltweit ja schon in den 80er Jahren abgewirtschaftet. Eine neue politische Staatsutopie ist nicht entstanden, so kann man also schwerlich von einem SPÄTkapitalismus reden, wenn man gar nicht weis, was nach "Spät" kommt. Und wie lange das dauert. Wieso also „Spät“? Wie spät?

Es ist 23.00 h. Vor der Tür, die es nicht gibt, stehen 7 Kambodschaner und schauen rein. Drinnen tanzen 50 Weiße ausgelassen und winken raus. Partytime! Eigentlich könnte man auch zusammenfeiern. Doch die Weißen, die sich drehen, wollen noch nicht raus. Und die draußen warten, dass sie die Weißen nach Hause bringen können.

Das „Howies“, Phnoms Penhs abenteuerlichste Partylocation auf der anderes Seite des Flusses, ist gut gefüllt. Die Bar liegt direkt am Fluss und Phnom Penh glänzt verträumt vom anderen Ufer herüber. Der Dj macht Musik, die er auch in den besten Clubs der Welt machen könnte, ein heimlich rein geschmuggelter Whisky wird munter auf Softdrinks gegossen, das Klo ist goldfarben und Augen leuchten. Auch diese Party entzückt durch Ähnlichkeit! Denn diese Party könnte überall sein. Sie ist im besten, im westlichen Sinne eine coole Party. Coole Location: ein Holzhaus direkt an einem tropischen Fluss + ein gutaussehender Dj mit T-Shirt „HouseSex“ AND und der wirklich cool auflegt *Höre ich doch irgendwann von MIKA „Grace Kelly“ in einer crazy Clubversion, dass ich spontan die überaus herzergreifende Gastgeberin und drei weitere Menschen umarmen musste* + billige, aber sau gute Drinks + ein guter Anlass zu feiern: Geburtstag!!! + Gäste: Kanadier, Australier, Amerikaner, Briten, Holländer, Deutsche und solche, die dort gelebt haben. Es ist eine Party wie zu Hause. Deswegen fühlen wir uns auch zu Hause. Verliebte knutschern miteinander und bei einer Frau fällt schon mal der Busen raus…

Samstag, 11. Oktober 2008

Deutschland feiert mit Wurst







Gelegenheiten gab es zwei. Wir schlendern über einen großen Boulevard durch Hanoi und stehen vor der deutschen Botschaft. Es ist der 2. Oktober. Ich habe Flip Flop an und kurze Hosen. Es ist heiß. „Machen Sie den morgen Abend einen Empfang zum Jahrestag der Wiedervereinigung?“, fragt meine Freundin. „Nein, nicht morgen, heute Abend!“, bekommt sie gesagt. „Schön, wir würden gerne kommen!“ sagt meine Freundin. „Aha!“ wird geantwortet. „Ist aber mit Abendgraderobe!“ Der kritische Blick galt mir. „Haben wir dabei!“, sage ich, was nicht stimmt. Aber es sind ja noch 5 Stunden hin.
5 Stunden später habe ich mir eine Krawatte gekauft und wir sind Teil der illustren Party des deutschen Botschafters in Hanoi. Seine Residenz ist schön. Der Pool ist blau und die Tische sind gedeckt mit deutschen Köstlichkeiten: Würste aller Sorten. Rostbratwurst, Weißwurst, Nürnberger Würste, Würste mit Darm und ohne. Aber Eberswalder Würstchen habe ich nicht gesehen. Das ist eine Wiedervereinigung nach Westgeschmack.
5 Tage später gibt sich Phnom Penh die Ehre. Der Empfang findet im Grandhotel Le Royale statt. 7. Oktober!!! Und was gibt es hier zu essen? Man könnte auch fragen: WIE PRÄSENTIERT SICH DIE DRITTGRÖSSTE VOLKSWIRTSCHAFT, DAS LAND DER DICHTER UND DENKER IM AUSLAND?“ Wurstig! Rostbratwurst, Weißwurst, Nürnberger Würste, Würste mit Darm und ohne. Haben die sich abgesprochen? Gibt es nichts anderes? Wieso ist Deutschland nur so auf die Wurst gekommen. Gut, es gab auch andere Fleischgerichte. Ja, ich weiß, es gab auch Wurstsuppe. Oder Suppe mit Wurst. Vielleicht auch Suppenwurst. Ja, ja, es schmeckt ja auch. Und der Wurstsalat. Oh ja! Und in Asien, da denkt man halt. Die haben aber viel Wurst. Denen geht es gut mit der Wurst. Und ich stille meinen Hunger nach Wurst. Und trinken meinen Wein auf den Durst, viel Wein nach der Wurst. In Asien feiert Deutschland mit Wurst!

(Fotos: Empfang der Gäste durch den deutschen Botschafter in Phnom Penh, kambodschanische Schönheit nebst meiner Wenigkeit, Freundin Tina mit kambodschanischen Damen, Party nach dem Empfang in der Resindenz des Botschafters in Phnom Penh, am Pool zur fortgeschrittener Stunde in der Residenz des Botschafters in Hanoi)

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Hotel Hanoi






Vietnam hat so viele Einwohner wie Deutschland. Und genauso wie in Deutschland gibt es ein Nord-Süd-
Gefälle, eine gewisse Anspannung, die verstrittenen Geschwistern gleich immer etwas Unheilvolles in die Familie bringt.



























Der Norden ist kühler, auch in emotionaler Hinsicht. Stärker als der Süden ist er immer unter chinesischen Einfluss gestanden. Der Norden musste sich dauernd des großen Nachbarn China erwehren. Ja, es gibt kaum ein Land, dass so viel um sich selbst kämpfen musste wie Vietnam. Vietnam, das war für viele Jahrhunderte ein Synonym für Krieg. Der Süden dagegen war schon immer den großen Mächten erlegen. Ob Franzosen, Amerikaner oder jetzt Touristen, im Süden hat man munter mit all den Invasionen gelebt und gewirtschaftet. Gefällig, weltoffen, warm und freundlich zeigt sich der Süden, und das leben die Menschen auch jetzt unter der Herrschaft des Nordens, der vor 30 Jahren den Sozialismus in den Süden brachte. Ein Schriftsteller sagte einmal, in Vietnam trennt man sich leise. Vielleicht mag das für den Süden stimmen. Im Norden stimmt es nicht!

Ich werde in meinem Hotelbett wach. Seitdem ich in Asien lebe, habe ich eine Leidenschaft für Hochhäuser entdeckt. Ich schlafe so gerne oben. Vielleicht liegt es daran, dass ich eigentlich fast immer alleine schlafe, vielleicht liegt es an dem Bedürfnis nach Luft und Licht. Ich will was sehen können, wenn ich morgens die Augen auf mache oder abends zu. So suche ich mir auch in Hanoi ein Hotel mit Aussicht. Ich wohne im achten Stock. Unter mir die Stadt. Hanoi. Großzügig, grandios, verrückt, wild und bestechend schön. Über mir der Himmel, tropisch grau, es ist Regenzeit. Es ist acht Uhr. Es ist warm. Es ist schön. Ich habe Urlaub. Ich bin im Hotel „New Paradise“!

Gegen neun Uhr betrete ich die Lobby und bestelle mein Frühstück. Die Hoteliers Frau stellt Rosen ein. Langsam, fast traurig arrangiert sie den Strauß an der Rezeption. Minuten verstreichen und ich frage mich, wieso sie diesem Strauß von blassen Rosen soviel Liebe schenkt. Sie sollte mal lieber meine Minibar auffrischen, die ist schon seit zwei Tagen trostlos und leer. Mein Frühstück kommt. Da die Menschen in Asien nie ein europäisches Frühstück zu sich nehmen, sondern lieber Reis- oder Nudelsuppe löffeln, bekommt man dann als Europäer was serviert, was man ich Asien auch nie essen würde. Das angebrannte Baguette ist nur vom Namen her französisch, der Kaffee ist schwarz und zuckersüß. Butter gibt es nicht, so schmiere ich mir also viel Chilisoße aufs Brot. Drei ältere Britinnen kommen in die Lobby und tuscheln unter großen Hüten ganz amused. Das Hotel kümmert sich um die Rosen, die Zeit verstreicht.

Dann, plötzlich, kommt ein Mann herein. Vielleicht 40 und todsicher schlecht gelaunt. Er tritt an die Rosen und schreit. Er schreit und zetert, wie ich das nur von Vietnamesen kenne. Er schreit durch die Rosen, die gleich noch blasser werden. Er flucht, dass die Frau hinter den Blumen gar nicht umhin kann, das Arrangieren der Rosen einzustellen. Er findet gar keine Ruhe. Er ist der Ehemann. Ich verstehe kein einziges Wort. Die Frau bewegt sich jetzt gar nicht mehr. Sie sieht in eine Ferne, die nicht von hier ist. Sie sieht weit weg. Ich sehe auf meinen Teller und die Britinnen in alte Prospekte, die sich schon gestern angeschaut haben. Das ein Mann so schreien kann!

Natürlich ist die Stimmung in der Lobby gekippt. Im „New Paradise“ fühlt sich jetzt keiner wohl. Er ist verrückt. Er ist cholerisch. Es ist jetzt ganz schlimm. Ich starre immer nur in das Gesicht der Frau. Und die Frau starrt mich an. Eine Maske, dahinter Angst. Langläufig bekannt, die asiatische Kunst des Gesichthaltens, finde ich jetzt doch, dass die Frau ihr Gesicht verliert. Sie reißt sich los, sie läuft in die Mitte der Lobby und er hinterher. Die Britinnen schauen entsetzt. Sie schauen wie Frauen, wenn ein Mann explodiert. Ich schaue auch wie ein Mann ausrastet, wie er wilder noch und unbeherrschter wird. Sie läuft vor Angst, wie jemand läuft, der nicht weiß, wo er hin soll vor Angst. Sie dreht sich im Kreis wie eine alte Tänzerin, müde vom Haltung bewahren, müde vom Schönsein. Sie strauchelt zum Fahrstuhl. Sie ist jetzt aufgelöst. Er rennt hinterher. Und er schlägt zu.

Ich springe auf und brülle. Ich kann gar nicht anders. Das passiert einfach so. Ich denke nicht nach. Ich hole die Frau aus dem Fahrstuhl raus. Er kommt hinterher. Sie weint nicht. Sie hat schon genug geweint. Sie setzt sich an meinen Tisch. Sie starrt mich an. Er kommt auf mich zu. Oh scheiße. Jetzt setzen die Gedanken wieder ein. Ich hasse das.

Meine Freundin kommt in die Lobby und eine Nonne aus dem 7. Stock. Meine Freundin sieht die Frau und fasst sie an. Frauen können das. Die Nonne fasst den Mann an und gemeinsam fahren sie hoch. Unter den Hüten zittern die Britinnen, und im Aquarium zieht ein Fisch seinen lautlosen Kreis. Und die Frau lächelt uns an. Ein wortloses Schweigen. Ein Kopfschütteln. Scham und Entsetzen. Meine Freundin hält noch immer ihren Arm, der langsam ganz ruhig wird.

Später wird man mir in einem anderen Hotel erzählen, dass die Familie unglücklich ist. Später sagt man, sie kommt aus dem Süden und er aus dem Norden. Und das er so viele andere Frauen hat. Hanoi ist ein Dorf, die Straße weiß Bescheid.

Ach, und in Vietnam trennt man sich, wie überall, leise und überhaupt nicht leise!

Wenn man sich trennt!

Freitag, 19. September 2008

Von Phnom Penh nach Saigon und Hanoi


Meine Lieben,

habt so viel Dank für eure Reaktionen auf meinen einsamen Text! Ich habe die Mails gelesen und den tollen Kommentar und mir geht es jetzt wieder viel besser. Ich wollte dennoch diesen Text über die Einsamkeit schreiben, denn dieses Gefühl beschleicht mich schon manches Mal nach 5 Monaten Kambodscha. Im Ausland, fern weg von zu Hause. Doch selbst in den dunkelsten Stunden - meine Lieben - bereue ich meine Entscheidung, hier leben zu wollen, nicht.
Im Gegenteil, die Herausforderungen liegen vor mir. Statt auszusteigen will ich noch mehr einsteigen. Statt mich zurückzuziehen, will ich mich viel lieber ausziehen oder mich aus mich selbst herausziehen. Mich häuten, loslassen, leicht werden. Da passte es ganz gut, dass mich heute morgen im Büro meine Lieblingskollegin Morokat, 35 Jahre, eine überaus beeindruckende buddhistische Persönlichkeit, gefragt hat, ob mir die Brise, die seit gestern durch Phnom Penh weht, aufgefallen ist. Oh, ich liebe Gespräche über das Wetter, die bei mir sofort ganz sinnliche Wahrnehmungen wachrufen. Und wirklich, ich hatte auf dem Monivong-Boulevard eine Sensation, derart, dass mich der kühlende Wind an die Ostsee erinnert hat. Auch der Himmel war gestochen blau und klar. Und mir war es, als würde ich an einen lichtdurchfluteteten Strand fahren und nicht ins Büro. Morokat erzählte mir, dass sie als Kind mit anderen Kindern in ihrem Dorf ganz sehnsüchtig wurde, wenn dieser Wind kam. Damals, kurz nach dem Pol-Pot-Regime, einer Zeit, schlimmster Entbehrungen, kündete der Wind die liebliche Jahreszeit an. Temperaturen um die 25 Grad, eine Zeit des Glücks nach dem Unglück, eine Zeit des Schwebens über den bedrückenden Verhältnissen hinweg. Es gibt ein Baum in Kambodscha, der heißt Phka Traeh (Hochzeitsbaum), und der fängt nun zu blühen an. Tausende von pinkfarbenen Blüten, vergleichbar mit der Kirschblüte in Deutschland, fliegen im Wind. Fegen über Kinderköpfe hinweg und landen tief in der Erinnerung. Da passt es doch ganz gut, dass ich jetzt zwei Wochen Urlaub habe und von Phnom Penh über Saigon nach Hanoi fahre. Mit der Eisenbahn immer an der vietnamesischen Küste Südostasiens entlang. Vorbei an Städten, Dörfern, Gärten und blühenden Hochzeitsbäumen... Ich bin zwar nicht auf Brautschau, doch gegen ein, zwei Blüten, da habe ich ganz sicher nichts :-)

Saigon: 20-23/09
Nha Thrang: 24-28/09
Hue: 29-30/09
Hanoi and Ha Long Bay: 1-4/10

Photo: Lotusblüte in meinem Garten

Dienstag, 16. September 2008

Bekannte und andere Krisen

Manchmal ist alles wie in Berlin. Manchmal ist alles ganz anders.

Da komme ich von einer Art-Exhibition-Vernissage und habe meine Bekannte, eine australische Künstlerin verpasst. Sie war von sechs bis sieben da, ich kam erst um acht. Naja, da stand ich also in Mitten der trendy-lustigen Expatszene in Phnom Penh und hielt mich tapfer an meinem Rotweinglas fest. Doch heute kannte ich niemanden. Ne, einen kambodschanischen Künstler sah ich, den hatte ich doch erst letzten Samstag kennengelernt. Der war aber umringt von Leuten, weil er selbst ausstellt. Ne flüchtiges Hallo. Nen freundliches „Sok sabai“ (Wohlergehen)
Nicht gerade der passende Gesprächspartner an diesem regnerischen Abend, der mich irgendwie auf unangenehme Weise mit einer unter Expatriats allzu bekannten Frage konfrontiert: Sind wir einsam?

Die Kellnerin räumt den Aschenbecher weg und ich stehe da mit meiner Zigarette, und muss jetzt in den Abgrund aschen … Wäre mir das an einem guten Tag auch passiert?

Naja, es gibt richtige Fragen und falsche. Und todsicher gehört die Frage, ob der Aschenbecher an einem guten Tag bei mir geblieben wäre, zu den falschen Fragen. Er ist jetzt einfach weg, genau wie meine Beziehung im fernen Berlin und meine Freunde: OH WIE SEHR VERMISSE ICH EUCH!

Jetzt sitze ich allein im Regen. Das ist jetzt gerade schauderhaft.

Aber da kommt schon wieder eine SMS angeflogen. Ne coole Frau aus London, die hier auch arbeitet, lädt mich spontan zu einem Film über Ladyboys ins Kino ein. Nur es ist ja bereits halb neun. Der Kurzfilm startete um halb acht. Da kann ich mich doch auch nicht mehr an den Ladyboys, sondern nur an einem Bierchen festhalten … Ne ne ne ne!
Viele Expats haben Alkoholprobleme. Viele halten sich hier an einer Flasche, statt an wirklichen Menschen fest.

Gestern brachte mir ein Bekannter ein Buch zurück, das er sich ausgeliehen hatte und roch schon oder noch um 18.00 h nach Alkohol. Bevor er sich dann in 20 Minuten zwei Gintonic in meiner Bude hinter die Binden gegossen hat. Ich hatte schon nach einem Gin Tonic das Gefühl, dass der Zweite den Abend jetzt nur schwindliger und nicht schöner macht.
Und wenn ich mit zwei anderen Bekannten ausgehe, dann haben sie in zwei Stunden dreimal so viele Drinks in sich hinein gekippt, wie ich. Warum trinken wir denn? Wollen wir vielleicht woanders leben? Oder anders leben?

So viele Bekannte. Bekannte? Was für ein komisches Wort. Das habe ich doch noch nie benutzt. Bekannt, mit was, mit wem, mit mir? Und dann gibt es unweigerlich diesen Augenblick, wo man merkt, dass man trotz der ganzen Bekanntschaften alleine ist.

Einsamkeit ist ja eigentlich ein europäisches Gefühl. Gibt es nicht die schönsten Bücher, die schlimmsten Filme aus Europa darüber?

Einsamkeit ist, nach Hause zu kommen, und niemand ist da. Einsamkeit ist alleine Abendbrot essen, oder noch schlimmer Dinner. Oh, auf welchen der vier Stühle an meinem Dining Table setze ich mich denn heute? Macht es Sinn, für mich allein die Kerzen anzuzünden? Einsamkeit ist, wenn man sich aus lauter Langeweile mal wieder seinen Kontostand anschaut. Oder wenn man Stunden im Internetchat rumhängt, obwohl man genervt ist, wenn mal wieder jemand von der digitalen Weltgemeinde antwortet. „Oh ja, mir geht’s gut!“ Und mehr gibt’s dann auch nicht zu sagen. Einsamkeit ist nur ein Kopfkissen im Bett. Oder wenn man morgens im Bad nur EIN Handtuch sieht. Nämlich sein eigenes!

Einsamkeit ist manchmal einfach nur die Unfähigkeit, mit sich selbst zufrieden zu sein. Genau! Das ist doch eine schöne Diagnose. Und das ist ja genauso wie in Berlin. Nur war in meinem Berliner Bad meistens noch ein zweites Handtuch da!

Ja, meine Lieben, so EIN Handtuch kann schon eine große Bedeutung haben. Deswegen hängen bei mir jetzt wieder zwei!

(Foto: Nach Mitternacht auf einer kambodschanischen Geburtstagsfeier in einer Karaokebar in Phnom Penh)