Samstag, 14. Juni 2008

Der langsame Tod der gemeinen Küchenschabe





Es gibt nur wenige Haustiere, die die unbewusste Ekelgrenze in meinem Gehirn überschreiten können. Eigentlich nur eins: Die Kakerlake. Ich weiß nicht, wie meine Hirnmembran gestrickt ist, die Kakerlake jedenfalls findet ihren Weg tief in mein Traumzentrum. Es ist entsetzlich.

Seit dem Einzug in mein Haus sind mir 4 Kakerlaken begegnet. Sicher gibt es noch mehrere, doch gottseidank wurde ich ihrer nicht ansichtig. Das sind zwei Kakerlaken pro Monat.

Vielleicht liegt es an den weißen Kacheln, auf dem sich der goldbraun schimmernde Körper unglaublich deutlich abhebt, vielleicht liegt es an dem Namen, KAKERLAKE, na da ist doch das Wort Kacke verborgen, oder? Vielleicht liegt es auch an den kulturellen Konnotationen, die in einem europäisch sterilen Haushalt sozialisiertem Wertesystem die Anwesenheit einer Kakerlake zum semantischen Gau werden lässt. Unrat, Dreck, vergammeltes Essen, Kanalisation, Dunkelheit. Genau, die Kakerlake ist nachtaktiv, das ist doch alles eine unheimliche, unappetitliche, eine eklige Mischung.

Da werfe ich also eine leere Ginger-Ale-Dose in den Korb, es ist 21.00 h und ich sehe so ein Vieh, wie es flink über die leeren Dosen und Flaschen krabbelt. Erwischt!

Angewidert gehe ich in mein Arbeitszimmer und hole den elektrischen Tennisschläger aus der Ecke (Foto). So ein Ding habe ich vorher noch nie gesehen, aber es wurde mir gleich am zweiten Tag als Universalwaffe gegen Kakerlaken, Moskitos und anderes Ungeziefer empfohlen. Und tatsächlich, die 2,-$ haben sich gelohnt. Behutsam hole ich die Flaschen aus dem Korb bis auch die letzte draußen ist. Und da rennt sie nervös herum, ahnt wohl schon, dass ihre letzte Kakerlakenstunde geschlagen hat.

Dass Kakerlaken (Cockroach) auch fliegen können, verdränge ich gleich. Ich kippe den Korb um, so dass das Vieh wie besengt durch die Küche rast. Kaltblütig schalte ich meinen elektrischen Tennisschläger an, der sogar Licht hat, und knalle diesen auf die rasende Kakerlake. Feine elektrische Blitze knistern durch den engen Maschendraht und setzten die Kakerlake unter Strom. Leider, leider, leider ist das nur der erste Schritt. Und auch dieser dauert mir viel zulange. Betäubt und wie blöd mit ihren Füßen strampelnd bleibt sie rücklings liegen. Ich denke, tot ist die noch nicht. Und rauftreten, dass geht für mich überhaupt nicht. Ich bin Buddhist! Und kursieren nicht längst Gerüchte, dass ein reifes Weibchen tausende Eier trägt, die herausgequetscht meine Küche am nächsten Morgen in eine Kakerlakenzuchtstation verwandeln könnten. Ich hole mein Jumbospray (Foto) und fege die Kakerlake in die Waschküche neben der Küche, denn ich habe keinen Bock an einer Vergiftung zu sterben. Und dann spraye ich und spraye und spraye. Sie strampelt und ich spraye. Es ist die Hölle. Ich denke, so das reicht jetzt. Gehe zurück ins Haus, doch meine Gedanken kreisen, kreisen, kreisen. Ist sie endlich tot? Ach wäre sie doch bloß nicht in mein Haus gekommen.

Ich gehe zurück in die Waschküche, sie strampelt immer noch. Gottseidank, dass sie nicht schreien kann. Die Nachbarn müssten mich für eine Bestie halten. Ich gehe ins Internet, vielleicht findet sich da was über Bekämpfungsmöglichkeiten. Und ich finde folgendes:

„Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Gemeinen Küchenschabe ist heute nicht mehr bekannt, es wird jedoch davon ausgegangen, dass sie sich aus den Tropen und Subtropen Südasiens ausgebreitet hat. Diese Annahme manifestiert sich auch in ihrem Namenszusatz orientalis, wodurch sie gelegentlich auch als Orientalische Schabe bezeichnet wird.

Heute ist die Gemeine Küchenschabe als Kosmopolit weltweit verbreitet und selbst auf abgelegenen Inseln anzutreffen. Die einzige Ausnahme bilden die polaren Gebiete der Arktis und Antarktis, wo es für die Tiere zu kalt ist.

Die Schabe besitzt außerdem eine enorme Widerstandsfähigkeit, so wurden noch Tiere nach Atombombentests auf dem Bikini-Atoll gefunden. Die Tiere können sich außerdem auch durch engste Zwischenräume zwängen. Als Schädlinge sind sie daher sehr hartnäckig und schwer zu entfernen.“

Oh ja, das stimmt. Es strampelt immer noch. Nochmal Jumbo rauf, nochmal Strom. Und zu die Tür. Am nächsten Morgen liegt sie da (Foto). Ich fege sie weg und schmeiße die Leiche über die Mauer in des Nachbars Garten. Ich glaube, da ist sie auch hergekommen.

PS. Sorry, wenn dieser Post eklig ist. Ich hab nur wiedergegeben, was ich so erlebt habe. Kommt mich trotzdem wer besuchen? :-)



Dienstag, 10. Juni 2008

Saigon







































































































Alte Grandhotels, verschlafende Museen, Wolkenkratzer, Werften, Boulevards und ein riesiger Strom durch die Stadt - der Mekong. Saigon, das Paris des Ostens, hat auf Anhieb mein Herz erobert. 10 Millionen Vietnamesen, 20 Millionen Hände - einige davon habe mich in den letzten Tagen berührt: die schälende Hand der Mangolady am Morgen, die gierige Hand des Cyclofahrers, die schweißende Hand des Bauarbeiters im Stahlgewitter eines Hochhauses, die geschickte Hand des Kaffeeverkäufers, die schmollende Hand der schönen Tänzerin im Club, die sehnsüchtige Hand eines schwulen Aktienhändlers auf dem Taxirücksitz, die müde Hand des Liftboys im Hotel, die köpfende Hand eines Kokosnusshändlers, die heiße Hand der Hure, die mich nachts auf der Straße ungefragt anfasst, die verkuppelnde Hand eines Angestellten auf dem Hauptpostamt, der mir seine Nichte andrehen will, die säubernde Hand der Männer in der Mopedwerkstadt, die Hand des Freundes an der Kamera. Saigon ist eine magische Stadt. Sozialistisch und kolonial, gigantisch, feurig und geil. Und Saigon, Ho-Chi-Minh-City, ist wunderbar modern und irrsinnig melancholisch. Hinfahren!!!

Das zweite Foto zeigt die Silhouette der Stadt aus dem 12. Stock meines Hotelzimmers an einem regnerischen Nachmittag. (Letztes Foto: copyright adad)