Sonntag, 27. April 2008

Am Tag als der Regen kam






Gestern saß ich mit einem deutschen Kollegen zum frühen Abend in der Wat Sampon Meas- Pagode von Phnom Penh und wohnte einem Gespräch zum Thema Buddhismus, HIV und Aids bei.

Das Interview zog sich ein wenig hin, denn der leitende Mönch sprach kein Englisch und sein jüngerer Bruder musste die Fragen und Antworten erst übersetzen.
Auf dem Pagodenhof spielte eine Gruppe von Kindern zwischen 8 bis 12 Jahren, die uns neugierig beobachteten. Gegen 18.45 h hob ein Wind an, der lose Papierstücke in der Bibliothek, in der wir saßen, zum tanzen brachte. Die Kinder kamen nach und nach in das Gebäude und lümmelten sich auf einer alten zerfetzen Ledercouch. Ein erstes Wetterleuchten und dann noch eins. Für Millisekunden wurde die Bibliothek schlagartig erleuchtet, bis sie wieder in den vertrauten Dämmerzustand zurückviel. Niemand von den Mönchen nahm Notiz von dem aufziehenden Regen. Ein Viertelstunde später wurden die Windböen durch ein ohrenbetäubendes Rauschen abgelöst. Es begann zu regnen. Angenehm frische, feuchte Luft zog durch den Raum. Ein Geruch von feuchtem Laub und der Duft von Wasser mischten sich. Fast roch es nach Meer.
Kurz nach Sieben war das Gespräch beendet und die Mönche leisteten uns noch Gesellschaft, denn es war klar, dass kein Mensch das Haus verlassen kann, bei diesem Regen. Mehrmals gingen wir zur Tür und überprüften die Heftigkeit des Niederschlags. Wir wollten los, nicht länger warten.

Gegen halb acht schließlich ließ der Regen nach und es nieselte. Sehr angenehm übrigens, denn die Stadt war noch heiß und die kleinen Tropfen erfrischten. Doch vor dem Tor der Pagode machten wir die böse Überraschung, dass sich die Straße in einen Fluss verwandelt hatte. Fassungslos starrten wir auf die strudelnde, gurgelnde Brühe, in die sich der Regen mit all dem Unrat dieser tropischen Stadt verwandelt hatte. Tüten, Pflanzenreste, Holz, Hausmüll und tote Ratten trieben an uns vorbei. Wir bleiben minutenlang stehen, sollten wir wirklich mit unseren Flipflops durch diese Brühe waten? Kämen wir nicht unweigerlich vom Regen die Traufe? Tote Ratten, Viren, Bakterien, Schmutz? Noch in Gedanken versunken, jagten die ersten Autos an uns vorbei, große Wasserwellen hinter sich herziehend. Und dann sahen wir, hupende, jubelnde Kambodschaner, die mit ihren Motorbikes durch das Wasser peitschten, wobei sie hüfttief im Wasserschlamm versanken. Sie lachten, war außer sich, kreischten vor Vergnügen. Als ich begann, die ersten Fotos zu schießen – da es dunkel war musste ich den Blitz nehmen – steigerten sie noch die Aufführung und ihre akrobatischen Künste. Es gab schließlich Publikum! Wie ein Pudel begossen standen wir noch immer vor dem Tor der Pagode. Doch dann sprang die Begeisterung der Stadt über und wir beschlossen, einfach nach Hause zu schwimmen.

2 Kommentare:

Şirket Rehberi hat gesagt…

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Holger Wicht hat gesagt…

Lieber Bastian,

irgendwie hatte ich deine Mailadresse nicht mehr und hab dich gerade mal gegoogelt, weil ich so gespannt bin, wie es dir geht und was du treibst. Bin ganz begeistert, deinen Blog gefunden zu haben und habe mir gerade alles ausgedruckt. Bis ich es gelesen habe, gehe ich mal davon aus, dass es dir gut geht ;-)

Schickst du mir eine Mailadresse an holgerwicht@aol.com oder mail@holgerwicht.de? Dann melde ich mich noch mal ausführlicher bei dir. Es gibt viel zu erzählen. (Ich komme gerade aus dem Retreat und starte nächste Woche in meinen neuen Job bei Timm TV.)

Liebe Grüße!

Holger Wicht