Mittwoch, 9. April 2008

Übergang

Abschied 1

Endlich sitze ich im Flugzeug. Und es langt mir mit den Abschieden auch wenn das jetzt keiner von euch persönlich nehmen sollte. Am Samstag – drei Tage vor der Ausreise – hatte ich mich auch schon mal von meinem dicken, fetten Mulberry-Portemonnaie verabschiedet. Der Alptraum jedes Reisenden schlechthin. Alle Kreditkarten, alle Ausweise, Kohle… Der Grund: Stress im Stress. Ne blöde Geschichte, nicht erzählenswert. Ich auf der Post bei mir in Kreuzberg und nen supa unfreundlicher Postangestellter, welcher mich anzickt, das eben erst von mir eingepackte Telefonmodem an meine Lieblingsfirma Alice wieder auszupacken, weil ich irgendwelche Zahlenkolonnen vertauscht haben muss. Und da dieses Paket so fantastisch zugeklebt war, musste ich alle anderen Taschen aus der Hand legen, um es beidhändig aufzureißen. Ne gute Gelegenheit für nen Dieb, dieweil mein Portemonnaie zu grabschen? Mein Vermieter sagte später dazu, dass die richtig schlimmen Diebe immer auf so kleine Stressopfer warten, um ihnen in der Post aufzulauern, wenn mal wieder jemand von den Angestellten zusammengeschissen wird. Biologisch gesprochen: Die Post ist der Wirt und die Stressopferdiebe sind Parasiten, und alle zusammen bilden eine Symbiose – auf Kosten der Stressopfer natürlich.

Spätestens als der Personalausweis weg war, wurde mir auch klar, dass ich so kurz vor der Ausreise ins Unbekannte, und begleitet durch die zahlreichen Abschiede von Familie und Freunden und die noch zahlreicheren Räum- und Renovierungsarbeiten in Wohnung schon längst Symptome einer Krise, ja Identitätskrise ausgebildet hatte. Schnelles Genervtsein, Schlafstörungen, Lustlosigkeit, Appetitlosigkeit. Als Ethnologe kann ich heute sagen, dass zwischen diesem „Nicht mehr“ und „Noch nicht“ eine unberechenbare, fast heikle Schwellenphase liegt, die auch ich voll durchleben durfte. Und jetzt bin ich erstmal müde.

1 Kommentar:

constance hat gesagt…

Lieber Bastian,
Ich bin bei Dir, kann nachfühlen,spüre mit.
Was das Thema Abschied angeht, sind wir - wenn auch auf verschiedenen Ebenen - in der gleichen Lage: Nicht mehr das Alte, noch nicht das Neue. Oder wie die Beraterin sagen würde: Nicht mehr das Eine, noch nicht das Andere, nicht Beides, nicht keines von Beiden, es fehlt die fünfte Position. Du wirst sie finden, da bin ich zuversichtlich.
Jetzt wünsche ich Dir erstmal, dass Du gut ankommst und vorallem auch Dein Gepäck.
Fühl Dich umarmt.
Liebe Grüße
Constance