Sonntag, 25. April 2010

Hong Kong Dialog 6

April, 16th, 11pm, Peninsula Hotel, Restaurant Felix, Salisbury Road, 28. Stock, Hong Kong

E: Ich habe eine Idee!

B: Hm?

E: Wollen wir nichts ins Peninsula gehen und einen Rotwein trinken? Das war so ein schöner Tag.

B: Jetzt?

B sieht an sich herunter. Sandalen und kurze, grüne Hosen.

B: Ehrlichgesagt weiß ich nicht, ob ich sooo in die 5 Sterne Bude reinkomme...

E: Ach, wieso denn nicht, probieren können wir’s doch mal.

B und E nähern sich dem prächtigen Eingang von Hong Kongs berühmtesten Luxushotels. Die Hotelportiers öffnen mit einem freundlichen „Good Evening“ die gläsernen Türen zum Palast und B&E schreiten betont normal über den marmornen Boden der Hotellobby.

B: Na, bis hier her bin ich in Bangkok auch schon mal gekommen.

E: Ach was, Schatzi, hol uns doch mal unseren Zimmerschlüssel… (lacht)

B fragt einen der zahlreich herumstehenden Livree tragenden Angestellten, wo es zum Restaurant Felix geht und wird zum Fahrstuhl geleitet.

B: Ja, diese Sandalen sind mir schon mal zum Verhängnis geworden. Ich wollte meiner Schwester, die nur eine Nacht für Bangkok hatte, das legendäre Chirocco im Statetower zeigen, kennst du die Bar auf dem Dach? Da muss man schon Jahre im Voraus Tischreservierungen für Silvester haben… Und was passiert mir am Fahrstuhl? Da spricht mich super freundliche eine Thailänderin an, und fragt mich, was sie für mich tun könnte. Meine Schwester schwebte in irgendwelchen Tods-Schuhen neben mir… Ich sagte nur, Siroccobar und die Thailänderin verzog ihr Gesicht, tiefstes Bedauern vortäuschend ,und sagte, in der Bar seien nur geschlossene Schuhe erlaubt. Pardon! Letztendlich sind wir nicht im 65. Stock gelandet, sondern im 10. und haben fetten Luxustouristen beim Essen zugesehen und den Wolkenkratzer von unten betrachtet…

E: Hier ist der Fahrstuhl, jetzt müssen wir nur noch auf den Knopf drücken…

Ein weiterer Mann steigt mit ein, blauer Anzug, rote Krawatte, und glattrasiert wie eine Hochglanzillustrierte.

Mann: Guten Abend! Wohnen Sie auch im Hotel? B&E schauen sich kurz an. Ach nein? Und E, die Schlagfertige antwortet sofort:

E: Nein, unser Hotel ist gleich neben an (Schungking Mansion auf der Nathanroad, Hong Kongs bekannteste Billigabsteige)

Mann: Na, da haben sie es ja auch nicht weit! Ich komme gerade aus New York, keine Sekunde geschlafen, obwohl ich ein Bett im Jumbo hatte und brauch jetzt noch einen Drink…

B: Na, dann einen schönen Abend noch!

Der Mann geht an die Bar.

B: Ei, diese angelsächsischen Banker haben doch echt die Finanzkrise überlebt!

E: Ja, sieht ganz so aus!

B: Bloß gut, dass deren Bedürfnis nach Smalltalk schon am Ende der Fahrstuhlfahrt

erloschen ist.

E: Dort am Fenster ist ein Tisch frei… Wahnsinn oder? Hong Kong liegt uns zu Füßen.

B: Ja, aber bevor ich was bestelle, muss ich mal eben aufs Örtchen.

E sieht zum Fenster heraus. Die Stadt glitzert im Licht der Reklame und Fähren fahren hin und her zwischen Kowloon und Hong Kong Island. B. kommt wieder zurück.

B: Du, weißt du, wo ich gerade herkomme?

E: Na ich hoffe doch vom Klo!

B: Na Klo würde ich das gerade nicht nennen.

E: Sondern?

B: Also erst stehst du vor irgendwelchen transparenten Glastüren, wo du gleich denkst, okay, Transgender hin oder her, ich muss jetzt einfach mal… weil du nur aus einem bestimmten Lichtwinkel den Schriftzug sehen kannst, wo die Damen und wo die Herren hingehören. Gut, erste Hürde genommen, befindest du dich danach in einem völlig verglasten Raum. Der hat noch mehr und noch größere Fenster als die ganze Bar hier. Und direkt vor der Glaswand, wo du unten auf der Straße alles sehen kannst oder in die Wohnungen der anderen Hochhäuser sehen kannst, da stehen die Urinale. Und die gehen dir knapp bis zur Hüfte. Ich meine wenn ich jetzt 2 Meter groß wäre, könnte mir Hong Kong doch beim Pinkeln voll auf den Penis gucken. Gottseidank bin ich nur 185 cm groß, und trotzdem habe ich meine Beine vor Schreck noch ganz breit gestellt, damit ich noch ein bisschen runter rutsche. Ich meine, es gibt doch so viele Typen, die können gar nicht pinkeln, wenn’s nicht ein bisschen geschützt ist und hier pinkelst du quasi auf die Stadt. Und die Stadt guckt dir dabei zu!

E: Weißt du was, das habe ich schon im Reiseführer gelesen, dass man hier unbedingt aufs Klo muss.

B: Ja, ich war so verdattert, dass mir der Klo-Mann erst einmal zeigen musste, wie man sich danach die Hände wäscht. Da gibt es nämlich nur einen riesigen Marmortisch, ohne Vertiefung geschweige denn Becken und drei armlange Bronzerohre. Das sieht eher nach einem Kunstwerk aus der Tate-Galerie aus als nach einem Handwaschbecken. Und das wiederum ist vollständig durch einen Vorhang geschützt, als bräuchten die Reichen hier in Hong Kong mehr Diskretion beim Händewaschen als beim pinkeln…

E: Wow, ich glaube, ich muss jetzt auch mal…


Mehr Infos über das Pinkeln der anderen Art:
http://www.peninsula.com/hong_kong/en/default.aspx

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