Samstag, 23. August 2008

Guten Morgen Phnom Penh








Alle fangen zwischen sieben und acht an. Ganz Phnom Penh ist auf den Beinen.

Auch ich verlasse mein Haus jeden Morgen 10 Minuten vor acht. Mein chinesisches Mountainbike fädelt sich mittlerweile gelassen durch den dröhnenden Verkehr. Um acht erreiche ich mein Büro und ich bin völlig nass geschwitzt. Egal, wie viel oder wie wenig ich anhabe. Ich bin völlig durch… So liegt es nahe, meine Kollegen mit einem lauten „Kdauw nah“ zu begrüßen, „zu heiß!“. Sie fangen dann schon mal an zu lachen, denn in ihren Kopf will einfach nicht rein, was ich mir jeden Tag 4mal antue: Zur Arbeit mit dem FAHRRAD zu FAHREN. Und mein optischer Eindruck gibt ihnen Recht!

Langsam laufe ich an meinem Arbeitstisch, der in den Nähe des Eingangs steht, nachdem ich meine Schuhe wie alle Kollegen in das Schuhregal gestellt habe.

Selbst unter den Fußsohlen hat sich Schweiß angesammelt. Ausrutschen auf Fliesen - hier eine einfache Übung. Im Haus vis-a-vis schminken sich kambodschanische Mädchen auf dem Balkon. Ich mache den Ventilator an, der direkt neben meinem Tisch steht und blase mir Wind ins Gesicht: „Guten Morgen Phnom Penh!“ Ich fahre meinen Computer hoch und checke die Mails, auch wenn ich hier an manchen Tagen noch gar keine bekomme. Aber ich bin das seit Jahren gewöhnt. Morgens auf der Arbeit an den Computer zu gehen, und alles anmachen. Morgens bin ich deutsch!

In Kambodscha läuft das anders. Meine Kollegen kommen mit dem Moped, der Direktor mit Auto und Fahrer. Und die meisten fläzten sich dann erst einmal in das speckige Ledersofa in der Eingangshalle. Gemeinsam wird geschwätzt. Gemeinsam wird Jasmintee getrunken. Gemeinsam wird gegackert oder manchmal auch einfach nur rumgedöst. Ja, genau, es kann schon sein, dass ich aufstehe, weil ich bereits um 8.20 h ein Dokument ausgedruckt habe und der Drucker – ich hasse diesen Platz – direkt neben dem Ledersofa steht. Ich laufe dann lächelnd oder political-correct Verständnis zeigend, um 8.21h, an den, im speckigen Mobiliar herum gammelnden Kollegen vorbei und kassiere in schöner Regelmäßigkeit einen Spruch, den ich in der Regel leider noch nicht verstehe. Das laute Lachen dann ist mal wieder nicht auf meiner Seite. Selbst die Kollegen, die den Spruch verdöst haben, lachen sich wieder munter. Das Lachen steckt alle an - außer mich selbst!

Wie ich den morgendlichen Kulturschock überwinde? Oh, ich habe drei Strategien:

1. Die Analyse:
Ich, deutsch, individualistisch, professionell im Sinne von auf der Arbeit nicht so privat; Morgenstund hat Gold im Mund.
Sie: kambodschanisch, gemeinschaftsorientiert, familienorientiert, auch das Büro, die Arbeit ist eine große Familie und die sitzt morgens einfach gern zusammen, Morgenstund mit den Lieben und viel Tee im Mund.

2. Die Konfrontation:
Manchmal denke ich mir auch einen Spruch aus, wieso lerne ich schließlich diese Sprache.

3. Tabuisierung:
Oder ich drucke morgens einfach nicht!

Morgens, meine Lieben, passt das hier für mich nicht zusammen!
Gegen halb neun gibt es himmlisch süßen Kaffee. Die Arbeit in Kambodscha beginnt. Mönche kommen zu Besprechungen ins Haus. Telefone klingeln. Exceltabellen aller Orten. Um halb neun geht es mir wieder gut. Ich quatsche ja auch sehr gern im Büro. Aber erst, wenn mein Computer an ist. Ich kann morgens einfach nicht im Sofa sitzen. Ich mag das Sofa nicht.

2 Kommentare:

Mandy hat gesagt…

Wie viele Kollegen sitzen denn auf dem Sofa? Muss ja ganz schön groß sein ;-) Beim Lesen fiel mir ein, ich würde mir einfach mal einen Stuhl nehmen und mich dazu setzen. Wenn ich schon so weit weg von zu Hause bin, ist doch jedes alltägliche Rituale gut, es einmal anders zu machen. Vielleicht braucht man aber auch einiges, an dem man sich festhält, was einem vertraut ist!

Bastian Bretthauer hat gesagt…

ja, ja, meine klugen therapeutenfreunde haben auch schon gemailt, dass ich da mal Vorkontakt machen sollte... ehrlich gesagt, ich mache das lieber anders... ich mag wirklich nicht auf dem sofa sitzen und auch nicht auf einem stuhl unter 5 bis 10 kollegen morgens um acht ... :-))) ich werd sonst depressiv :-)))