Samstag, 2. August 2008

Gewählt und geölt





Der Sonntag, an dem das Volk an die Wahlurnen schreiten durfte, war ein ganz ruhiger Tag. Der Norodom- und der Monivong-Boulevard waren leer, die Restaurants und Suppenküchen hatten zu. Genau wie mein Supermarkt LUCKY, in dem schon am Samstag das Alkoholregal mit einem roten Tuch zugehängt war. Zuerst dachte ich, machen die jetzt Inventur und zählen ihre Flaschen, bis mir ein Bekannter erzählte, es gäbe am Wahlwochenende in Kambodscha einen Alkoholbann. Nix zu trinken, Angst vor Gewaltausschreitungen. Na, an das Alkoholverbot hatte sich jedenfalls das Expat-Restaurant Elsewhere nicht gehalten. Wir trafen uns dort Samstagabend, denn mal wieder war die Zeit abgelaufen, galt es, neu gefundene Freunde zu verabschieden. Kommen und Gehen. Zumindest in der Expatszene ändert sich ständig das Personal. Und in der Politik?

Prime Minister Hun Sen's Cambodian People's Party hat sich gleich am Montag zum Sieger der Parlamentswahlen in Kambodscha erklärt. Das war zu erwarten, auch wenn noch eine Woche Stimmen ausgezählt werden. Der mächtige Premier steht DER Partei vor, die seit 15 Jahren in Kambodscha an der Macht ist. Es ist eigentlich SEINE Partei. Und die Partei ist wie eine große Familie. Überall Onkels und Tanten, Cousins und Cousinen, Nichten und Neffen. Auf allen Posten, auf allen Pöstchen im Land: Familienangehörige. Da kann nicht viel schiefgehen. Korruption ist ein Gespenst, das durch Asien geht!

Es ist wie in China. Und jetzt haben wir sogar die gleichen Wachstumsraten. Vor der Küste gibt’s jetzt Öl und die Phnom Penh Post meldet heute, das in diesem Jahr die 2-Millionen-Schwelle genommen wird. Von Touristen ist die Rede. Auch da haben die Expats Anteil dran. Denn es kommen doch oft Freunde zu Besuch, manchmal sogar Lebensgefährte und Familienangehörige (WINK MIT DEM ZAUNPFAHL)

Und die Opposition ist heillos zerstritten. Die royale Funcinpec-Partei muss Wahlbeobachtern zur Folge dramatisch verloren haben. Statt 25 Sitze hat sie wohl nur noch einen im Parlament. Na, da kann man doch nur noch verzweifelt Platz nehmen. Ich jedenfalls hab beobachtet, dass Hun Sens Wahlkarawanen mit lautem Getöse über die Straßen gerollt sind, während die gelben Königsparteianhänger vor meinem Haus ne Panne hatte. Die mächtige Familie hatte eben kräftig geölt, macht man hier so, wenn man an der Macht bleiben will. Und am Dienstag haben mir meine Kollegen im Büro ihren tintenschwarzen Zeigefinger gezeigt, mit dem sie sich am Wahltisch per Fingerabdruck authorisiert haben. Ganz geheimnisvoll, zumal die Hälfte der Mannschaft keinen schwarzen Zeigefinger hatten. Wo waren die denn am Sonntag? Ja, am Wahltisch, doch sie konnten nicht wählen, weil man ihren Namen nicht in den Listen gefunden hat. Na, ich bin gespannt, wenn am Wochenende die Wahlbeteiligung veröffentlicht wird. Nicht das am letzten Sonntag nur Hun Sens Großfamilie wählen war...

2 Kommentare:

yadzia hat gesagt…

was ist denn "expat"? exil-patrioten? existenzialistische partisanen? oder extrem patente touristen?
grüße von yadzia

Bastian Bretthauer hat gesagt…

oh, da gibst mal wieder einen kommentar, HURA... ich krieg sonst immer nur mail responds zu meinen blogg-geschichten, weil der blogg und die generation +/- 40 wohl doch zwei welten sind... :-)))
Gruß und Kuss vom Expat Bastian
(expartiate: im Ausland lebend)